Trainingslager?
Ja, tatsächlich!
Meine Wenigkeit hat sich letzte Woche ins Auto gesetzt und ist 7 Stunden durch Deutschland gefahren.
Bis ins Land Fleesensee und der dortigen Golfanlage des Golf & Country Clubs.
Grund dafür war einmal, dass ich meinem Spiel einen Push geben wollte, zum anderen aber auch, dass ich ein wenig Urlaub brauchte.
Zugegeben, der November ist wettertechnisch nicht gerade der berauschendste Monat, um in den Norden zu fahren, aber wozu gibt es Jacken und Mützen.
Und so hab ich mich für einen Kurs namens "Langes Spiel" entschieden.
Die Broschüre versprach 3 Tage Training mit einem der dortigen Trainer, ein Tag Einzeltraining und zwei Tage in einer Gruppe von maximal 4 Leuten. Aufgrund der Jahreszeit und der wetterlichen Gegebenheiten habe ich allerdings schon fast damit gerechnet (oder darauf spekuliert), dass ich der einzige Teilnehmer sein würde. Zwar reduziert sich dann die Kurszeit, aber es werden 3 Tage Einzeltraning daraus. Was ich für keinen schlechten Tausch hielt.
Aber von vorn.
Nachdem ich am Vorabend angekommen war, begab ich mich am nächsten Vormittag auf die Anlage und holte mir im Sekretariat meinen Voucher und meine Ballkarten ab. Im Preis inbegriffen waren nämlich noch 20 Token zu je 23 Bällen für die Driving Range.
Der Unterrichtbeginn war auf 12 Uhr gesetzt worden und so hatte ich genug Zeit, mir erst einmal die Örtlichkeiten anzuschauen und mich einzuschlagen.
Nachdem ich dann zuerst mal an der ersten Weggabelung falsch abgebogen bin und am ersten Abschlage eines der Plätze gelandet war fand ich bald darauf den Weg auf die riesige Driving Range. Dort stehen in einem Radius von 200m 90 überdachte und beleuchtete Abschlaghütten samt Rasenabschlägen, auf denen man sich austoben kann. Ich zog mir also 3 mal Bälle und machte mich für das, was noch kommen sollte warm.
Um Punkt 12 erschien ich vor Hütte 2, die mit Videohütte beschrieben war. Hier drin befand sich also das sagenumwobene Scope-Videosystem (ich habe irgendwann aufgehört zu zählen, wie oft das in irgendwelchen Broschüren und Flyern erwähnt wurde) und wurde von dem mir zugeteilten Trainer Thilo Böttcher begrüßt. Dieser eröffnete mir auch gleich, dass mein Plan aufgegangen sei und ich der einzige Teilnehmer sei. Yes!
Und so begann mene erste Trainingseinheit...
Ausgangsituation:
Aber zuerst mal der Stand der Dinge, bevor ich dort angefangen habe. Ich kam mit einem Schwung, der für 5 Monate vielleicht gar nicht so schlecht war. Kurze und mittlere Eisen gingen ganz gut und flogen gerade, nur je länger der Schläger wurde desto mehr schlich sich ab und an ein Slice ein. Zwar hatte ich in Eigenregie schon ein paar wirksame Veränderungen vorgenommen wie meine Schwungebene flacher werden lassen (was an guten Tagen mit Gottes Hilfe einen Draw erzeugte), aber von Konstanz und Kontrolle war das in ungefähr soweit weg wie ich von einem Mondflug. Also sehr weit.
Zusammengefasst: Ich war ein temporärer Slicer mit Problemen bei langen Schlägern und fehlender Kostanz und Präzision.
Still, could be worse.
Tag 1:
Die Einheit begann mit einer kurzen Darstellung meinerseits, wo ich meine Probleme sehe. Der Einfachheit halber verweise ich hier auf oben.
Nachdem ich das heruntergebetet hatte bat Thilo mich, einfach mal ein paar Bälle zu schlagen, damit er sich ein Bild von meinem Schwung machen könne. Gesagt getan und schon nach 5 Versuchen mit dem Eisen 7 waren zwei verwertbare Aufnahmen im Kasten, anhand derer meine Problemquellen analysiert wurden.
Das Ergebnis war eher ernüchternd für jemanden, der sich bislang als "für 5 Monate gar nicht so miserabel, eigentlich ganz gut, eigentlich ja top, ich bin der beste Golfer der Welt!" eingestuft hat. Nein, nur Spass, hab ich nicht. Aber einges von dem, was Thilo mir das veranschaulichte hätte ich nie im Leben selbst gemerkt.
Ich müsste mehr mit den Schultern drehen, den Schläger mit einem gebeugteren Handgelenk greifen, die Schwungebene flacher stellen und die Ballposition ein wenig nach hinten setzen und die Handgeleke besser überrollen.
Das wäre unser Programm für den ersten Tag.
Sagte Thilo.
Der bis dahin noch nicht wusste, dass ich das, was man mir sagt bis hin zum Kadavergehorsam exakt so umsetzen kann wie gewünscht.
Kann ich tatsächlich. Mein Pro in meinem Heimatclub hatte das einmal mit der Bemerkung garniert "Das Schöne an dir ist, du machst, was man dir sagt!"
Also griff ich anders, legte den Ball ein wenig nach hinten, machte zwei Probeschwünge, konzentrierte mich auf das, was ich ändern wollte und schlug zu.
Und der Ball segelte schnurgerade aus der Box heraus was Thilo den Ausspruch entlockte "Das war super so!" Nach weiteren Bällen hatte ich das ganze schon soweit verinnerlicht, dass ich tatsächlich mit Leichtigkeit meine Bälle einen wie den anderen abschlug. Auch ein Wechsel auf den Driver änderte nichts daran, der Ball zog keinen Millimeter mehr nach Rechts.
Und das tolle war, meine Bewegungen passten 1:1 auf die ganzen wilden Linien, die auf den Bildschirm gemalt waren.
Nachdem ich das also mit Bravour gemeistert hatte stiegen wir früher als geplant ins Feintuning ein, was darin bestand die Handgelenke ein wenig später zu "entbeugen", um eine flachere Flugbahn zu erreichen und mit etwas geschlossenerer Schlagfläche an den Ball zu kommen. Das Ganze sollte in einem Hook enden, den man dann später zum Draw umbauen könne.
Ich wollte zu dem Zeitpunkt eigentlich ja nur meinen Slice loswerden und das schien geklappt zu haben. Aber einen Draw als Bonus nahm ich freilich gerne mit!
Und damit ging meine erste Einheit auch schon zu Ende.
Ich schlug noch knappe 100 Bälle auf der Range um das, was ich jetzt gelernt hatte zu verinnerlichen und zog mich ins Hotel zurück.
Tag 2
Wieder um 12 gings in Hütte 2 los. erstmal mit einer kleinen Überprüfung, ob ich das, was wir am Vortag gemacht hatten noch drauf hatte. Hatte ich.
Dann ging es darum, den Ball, wenn er schon nach links kurvt auch nach rechts starten zu lassen, damit er ins Ziel kommt. Also die Schungeben wieder ein bisschen verflachen und prompt startete der Ball nach rechts um dann wie von Zauberhand nach links zu drehen und genau vor mir zu landen. Mit den mittleren und langen Eisen gelang mir das mittlerweile recht gut.
Also verbrachten wir den Großteil der Einheit mit den Versuchen, das auch auf den Driver anzuwenden. Zu Beginn wollte das nicht so wirklich klappen, aber hier zeigten sich dann die Vorteile einer Videoanalyse. Dort sieht man wirklich auf die hunderstel Sekunde genau, wo das Problem liegt.
Meines lag darin, dass ich beim Driver (und nur dort) die Handgelenke nicht schnell genug überdreht bekam. Was dazu führte, dass der Ball zwar rechts startete, aber auch gerade nach rechts weiter flog. Zwar auch weit, aber eben auch weit daneben.
Nach einer Millimeerkorrektur in der Handstellung war aber auch das wie weggeblasen und der Bal machte die gleiche Bewegung wie zuvor bei den Eisen. Und flog eine schöne Drawkurve.
Der Typ hatte es also geschafft mir in nur 2 Tagen einen vernünftigen, konstanten und kontrollierbaren Draw anzueignen. Ich war völlig baff.
Mein Tag endete wieder mit einigen Bällen auf der Range, und ich wurde von Ball zu Ball glücklicher.
Tag 3
Der dritte Tag, wieder um 12, war aufgrund meiner rasanten Fortschritte ein wenig zur freien Verfügung. Ich durfte mir also etwas aussuchen, was ich gern machen würde.
Ich entschied mich, mich in die Geheimnisse meines Holz 3 einweihen zu lassen.
Um es vorweg zu nehmen, der Erfolg war nicht ganz so durchschlagend wie die Tage zuvor.
Vom Tee aus klappte es zwar ganz annehmbar, aber vom Boden aus ist es, vorsichtig ausgedrückt, noch verbesserungswürdig. Aber das sei eine reine Übungssache, da solle ich mir mal keinen Kopf machen. Mache ich auch nicht.
Zum Abschluss gab es noch die Empfehlung, über den Winter möglichst viele Bälle zu schlagen um das Gelernte wirklich in Fleisch und Blut zu bekommen. Und damit endete mein Kurs auch schon.
Ergebnis
Mein Slice ist weg. Und zwar total.
Ich spiele jetzt standartmäßig einen Draw, etwas, was mir letzte Woche noch nicht in den Sinn gekommen wäre.
Und das allerbeste und für mich die wertvollste Verbesserung, meine schlechten Schläge sind besser geworden. Ich habe in Fleesensee im Anschluss zwei Runden gespielt und danach noch eine in Phöben und mir ist kein Schlag so verunglückt wie es noch eine Woche zuvor passieren konnte.
Ich treffe zwar immer noch nicht jeden Ball perfekt, aber meine schlechten Schläge sind jetzt auf 80% an den Guten dran. Und schließlich ist es das, was den Score niedrig hält. Den Axel Lange (Par 67) hab ich mit +20 gespielt.
Fazit
Auch wenn die Tour nicht ganz billig war, es hat sich voll und ganz gelohnt. Mein Trainer hat mir in nur 3 Tagen das nötige Rüstzeug an die Hand gegeben, um wirklich vernünftiges Golf zu spielen.
Nicht nur, dass sich meine Weiten um gut und gerne 20m gesteigert haben (bei 7 Grad und 90% Luftfeuchtigkeit), nein, ich habe endlich die Kontrolle und die Konstanz, die ich mir immer gewünscht habe.
Freilich ist auch mein Schwung wie wohl keiner am Ende der Fahnenstange angelangt, aber ich denke, ich bin für mein Level auf einem ganz guten Weg. Luft nach oben ist ja quasi immer.
Alles in allem haben sich die 3 Tage Kurs in Fleesensee voll und ganz rentiert.
Allein der Einsatz des Scope-Systems ist Gold wert. Ich möchte da gar keinen "normalen" Pro schlecht reden, aber dort kann man Dinge erkennen, die das menschliche Auge meiner Meinung nach nicht so wahrnehmen kann. Gerade wenn es um Millimetergeschichten geht, die aber den ganzen Schlag beeinflussen. nsofern war das ein echter Pluspunkt.
Aber auch die didaktische Aufbereitung des Kurses war fantastisch. Denn zu jeder Änderung, zu jeder Umstellung wurde einem genau erklärt, was das bewirkt und warum das jetzt besser oder anders ist.
In jeder Einheit, so zur Halbzeitpause hat mein Trainer ein paar Bälle geschlagen und dabei absichtlich kleine ehler eingebaut, sodass ich sagen musste, was falsch war und wie man es beheben kann.
Und das war einer der großen Pluspunkte, die ich mitnehmen konnte. Selbst wenn mir jetzt ein Schlag nicht so gelingt wie er sollte, ich weiß, woran es lag. Ich stehe nicht mehr am Abschlag und frage mich "Warum kam der Ball jetzt nicht wieder zurück ins Ziel" sondern ich weiß, dass ich meine Handgelekne mehr überrollen muss. Hilft zwar für den Schlag nix mehr, aber dafür beim nächsten. Bedeutet, ich kann mein Spiel jetzt selbst korrigieren. Und das hilft mir mal richtig!
Von daher, ich würde es jedem nur empfehlen sich so etwas mal zu gönnen!
Du hast in der Tat ganz schön gedrawt :-)
AntwortenLöschenAber eines weiß ich schon jetzt sicher:
Die werden dich bei deinen ersten Turnieren Teeren und Federn, weil du mit Hdcp -54 alles in Grund und Boden spielen wirst :-)
Aber wenn du das überlebst und schnell im zwanziger Bereich angekommen bist, wird das wieder besser...
Es sei denn, du ziehst das weiterhin so konsequent durch.
In Sachen Training und Umsetzung und Fleiß...
Ich bin echt beeindruckt mit was für einer Konsequenz du das durchziehst. Thomas hat schon recht, die machen dich fertig, mach dir aber nix draus sondern greif dir ein paar gute Preise, später gehts nur noch um die Bruttowertung und das wird dann viel schwieriger (von der blöden Bruttorede ganz zu schweigen) Mir wäre das allerdings auf einen Schlag zu viel gewesen aber du scheinst ja ein Talent zu sein.
AntwortenLöschenAch ja ich möchte mich in dem Zusammenhang noch bei den Greenkeepern, meinen Mitspielern, den Sponsoren und beim lieben Gott fürs Wetter bedanken...
Ich habe am Wochenende mit ihm gespielt. Schlechtes Wetter, neuer unbekannter Platz. Und er spielt 48 Nettopunkte. Ich war, nach dem Trainingslager und seinen Ansagen, fast versucht zu sagen "Nur 48"... Aber das war schon sehr ordentlich. Stellenweise. Es fehlt im noch etwas Erfahrung... Wenn überhaupt. Und die wird er sich, selbst ium Winter, durch viel Spielen holen. Garantiert. Ich hätte ihn gern nächstes Jahr in meinem Team, wenn wir "Mordor" bespielen und er dann immer noch bei -54 stehen sollte... :-)
AntwortenLöschenNaja, mein Ziel für nächstes Frühjahr sind mal die 36.
AntwortenLöschenDamit ich mir (meist) keine Gedanken mehr über HCP-Beschränkungen machen muss.
Und dann mal schauen, wie weit ich komme. So mittlere 20 wären traumhaft!
Auch wenn der Fleesensee-Mann mit ein Poential von -18 attestiert hat...;)
Ich hoffe das er vor Mordor noch paar Turniere spielt, ODER er spielt in meinem Team ;-).
AntwortenLöschenAuch mit -36 wärst Du ein sicherer Punktlieferant ! Ich habe schon auf der Driving Range nicht schlecht geguckt als deine Schläge alle die gleiche Kurve hatten !! Machen würde ich das auch mal gern mit dem Trainingslager ! Matthias
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