Freitag, 13. Juli 2012

Golfst Du schon oder hast Du noch Sex?

Diese Frage ist exemplarisch für das Image des Golfsports hierzulande.
Dabei ist die Frage genauso klischeehaft, wie überholt, denn Golf ist schon lange kein Sport für alte Menschen mehr. Längst kein exklusives Hobby einer elitären Randgruppe.
Das belegen ja nicht nur aktuelle Studien, sondern auch die Blogserie "Alex, Nur Golf."
Aber auch diverse Freunde und Bekannte von mir, die ebenfalls mit Golfen angefangen haben oder gerade anfangen, so wie meine beiden Töchter, 15 und 12....

Golf ist, auch entgegen anders lautenden Gerüchten, immer noch ein Sport, denn wer behauptet, es sei kein Sport, hat noch nie eine Runde Golf absolviert. Auch wenn mein Coach Billy immer sagt: "Wenn man dabei rauchen, essen und trinken kann, kann das kein Sport sein"
Es ist aber Sport.
Mental und physisch.
 Wer es nicht glaubt, probiert es mal aus.


Aber woher stammt dieses Klischee?
Golf war lange Zeit tatsächlich so etwas wie der exklusive Sport der Reichen, denn es war ein, auch bewusst teuer gehaltener,  Sport. Man wollte unter sich bleiben und da auch beim Golf die Gesetze der Marktwirtschaft greifen - Angebot und Nachfrage regulieren den Preis – blieb man so unter sich, zumindest in den meisten Fällen. Schaut man aber über den Tellerrand Deutschlands hinaus, sieht man schnell, dass Golf in Großbritannien und Amerika Volks- und Massensport ist. Dort kann man(/n)  quasi an jeder Ecke Golf spielen. Soweit werden wir es hierzulande wohl nicht bringen, aber seit Ende der 90er Jahre verändert der Sport in Deutschland sein Image und seine Preispolitik.

Es ist schon immer langwieriger und schwieriger gewesen, ein schlechtes in ein gutes Image zu wandeln, als umgekehrt. Das zeigt die (weil wohl a. zu früh und b. wohl auch politisch falsch angegangene), gescheiterte deutsche "RyderCup 2018" Bewerbung, die gänzlich ohne politische Lobby nie wirklich eine echte Chance hatte. "Chance vertan" behaupteten Golffans damals.

Das war eher den zweiten Schritt vor dem ersten machen wollen, sage ich auch heute noch. Ich denke, der Sport muss sich erst einmal in der Leistungsspitze und in der Gesellschaft nachhaltigiger etablieren, bevor man solch teure (und ja, auch herausragende) Sportveranstaltungen hierzulande steuersubventioniert durchsetzen kann.
Erst wenn nicht mehr nur ein Martin Kaymer für sportliche Schlagzeilen durch Erfolge sorgt, sondern es mehreren Spieler-Innen gelingt sich dauerhafter in der Weltspitze zu etablieren haben wir eine sportliche Basis und ausreichend Vorbilder für den zweiten Schritt.

Die Anerkennung und dauerhafte Etablierung in der Gesellschaft. 
Sicherlich hilft es dem Image des Sports, wenn man Martin Kaymer und neuerdings auch Marcel Siem auf dem Titel der BILD sehen kann und sie beide mit ihren sportlichen Erfolgen Schlagzeilen produzieren.
Aber wer Masse will, muss auch Masse zu lassen.
Und dafür muss dann parallel auch der Wettbewerbsdruck unter den Clubs um Mitglieder noch größer werden. Mit steigendem Konkurrenzdruck und damit sinkenden Einstiegspreisen und Kosten für das Spiel steigt auch die Zahl derer, die sich dem Sport nähern, ohne dem Image gerecht zu werden welches wir gerade abbauen wollen.Das bereits einsetzende strategische Umdenken vieler Clubs, bei denen die Mitgliedszahlen sinken hilft dabei genauso, wie alle anderen Optionen für einen kostenseitig moderaten Einstieg in den Sport Golf.
Nur so lässt sich dann das Image des Golfs dauerhaft verbessern und gleichzeitig eine deutliche Steigerung der Spielerzahlen mit einer entsprechenden Verjüngung im Altersdurchschnitt herbeiführen.
Der Zugang zum Sport muss in der Breite also deutlich einfacher und günstiger werden. Wer will schon zig Tausende Euros zahlen, um im Jahr mal ein paar Runden zu spielen?

Muss Golf wirklich teuer für Einsteiger sein?
Mitnichten. Mit der VcG (Vereinigung clubfreier Golfer) gibt es seit 1999 einen Verband, der sich nach eigener Aussage: "… auf ganzer Linie für die Popularisierung des Golfsports einsetzt. Neben der Förderung bietet die VcG ihren Mitgliedern die Möglichkeit, bundesweit gegen Greenfee Golf zu spielen…". Das bedeutet, dass die aktuell ca. 21.000 Mitglieder der VcG nicht Mitglied in einem Golfclub und damit des DGV (Deutscher Golf Verband) sind, sondern auf  Greenfeebasis (Platzgebühr) auf ca. 700 Golfanlagen Deutschlands spielen können. Der VcG ist dem DGV angeschlossen.
Eine Mitgliedschaft in der VcG kostet gerade einmal 195 Euro Jahresbeitrag. Darin enthalten ist auch die Handicapbetreuung.
Darüber hinaus gibt es verschiedene Anbieter die ebenfalls günstige (meist per Fernmitgliedschaft) Jahresmitgliedschaften anbieten. Klar muss man dann sein Greenfee zahlen, aber eben auch nur dann, wenn man wirklich spielt.
Ein wunderbarer Einstieg, wer mehr spielen möchte, sucht sich aber über kurz oder lang besser einen Club. Und auch hier sind viele Clubs inzwischen deutlich von ihren finanziellen Ansprüchen abgewichen. Allerdings hängt der Preis sehr stark am Angebot/Nachfrage.

So wird der Zugang zum Golf auf Dauer günstiger, zumal es überall öffentliche Plätze gibt, auf denen man auch ohne Club-Mitgliedschaft und schon ab 20 Euro eine Runde Golf spielen kann. Kurzbahnanlagen (meistens 6 Löcher) sind sogar noch günstiger und in der Regel offen für alle Golfinteressierten. Auch für die, die keine Platzreife und/oder Mitgliedschaft haben.
Schlägersätze gibt es für Anfänger (neu) ab 130 Euro, also dem Gegenwert eines normalen Tennisschlägers.
Entsprechende Kleidung brauche ich in jeder Sportart, die ist beim Sport auch nicht wesentlich teurer als in anderen Sportarten. Gute Fußballschuhe kosten nicht weniger als ein paar Golfschuhe, ein Polohemd ist ein Polohemd und eine Hose kostet auch nicht zwingend die Welt.
Aber natürlich kann man auch hier viel Geld ausgeben. Und nicht nur für Bekleidung, sondern auch für Equipement und Technik.
Ist Golf immer noch zu elitär?
Längst nicht mehr. Zumindest nicht überall. Wer häufiger spielen will, sollte irgendwann über eine (Dauerhafte) Mitgliedschaft in einem Golfclub in seiner Nähe nachdenken. Der Jahresbeitrag liegt im Durchschnitt bei etwa 1000 Euro, dafür spielt man auf dem Heimatplatz Greenfee-frei. Die kostenlose Nutzung aller Einrichtungen und Trainingsanlagen des Clubs sind dann ebenfalls enthalten (Bälle auf der DR kosten extra). Das Vereinsleben mit allen Pros und Contras inklusive. Die Clubs bieten immer Schnupper- und Kennlernangebote für Einsteiger an.
Aber natürlich gibt es auch immer noch Clubs, die deutlich teurer sind und zusätzlich auch eine einmalige Aufnahme-/Eintrittsgebühr verlangen.  Die kann auch schon mal 30.000 Euro betragen. Hier findet man in der Tat häufiger das Klischee erfüllende Klientel, weil die Aufnahmeprozeduren für ein elitäres Publikum sorgen sollen. Fragwürdig ist für mich da immer nur, wer am Ende vor wem geschützt wird...
Niemand wird gezwungen, dort Mitglied zu werden, jeder kann sich seinen Verein natürlich frei wählen. Und ich kann nur jedem raten, den potentiellen Club vorher ein paar Mal näher zu beleuchten. Und das nicht nur auf dem Golfplatz, sondern auch auf der Clubterrasse. Das hilft vor eventuellen Überraschungen nach einem Eintritt.
Und so gibt es im Golf, wie auch in anderen Sportarten, weiterhin elitärerer Clubs und Vereine. Sportlich und finanziell. Und wenn einige wenige sich für etwas Besonderes halten (wollen) und daher lieber unter sich bleiben, meinen Segen haben sie.
Golf spielen nur Alte?
Auch wenn meine Kinder mich für steinalt halten. Der Wandel ist bereits voll in Gange. Früher wollte man, aus den oben genannten Gründen, zu lange keinen Wettbewerb mit anderen Sportarten um Nachwuchs. 
Das verändert sich gerade, auch weil die Alten wegsterben...
Es wird also besser und immer mehr Clubs investieren in den Nachwuchs und schaffen entsprechenden Stabsstellen. Sie versuchen durch verschiedene Aktivitäten und  Aktionen, u.a. auch mit Hilfe des DGV wie z.B. Golf 4 Youth, Golf als Schulsport Nachwuchs für den Sport zu begeistern.
Hier zeigt sich eines der Hauptprobleme der Nachwuchsgewinnung: Zeit!
Eine Runde Golf dauert halt ein paar Stunden inkl. An- und Abfahrt. Und viele Jugendliche haben neben Schule, Freizeit auch anderen Aktivitäten und leider sehr oft nicht die Zeit oder die Lust sich diese Zeit zu nehmen, um in den nächsten Golfclub zu fahren. Denn die sind auc nicht immer in Reichweite des nächsten Busses oder für Radfahrer. 
Aber das ist nur eine von vielen Baustellen im Nachwuchsbereich.
Auch hier arbeitet man an allen Fronten an Lösungen.
Und ein erster Ansatz ist es unsere Kinder mitzunehmen.
Und deren Freunde.
Ich werde das dieses Jahr machen, denn Kinder und Jugendliche auf dem Golfplatz sind etwas großartiges!

4 Kommentare:

  1. Super Blog. Ich hätte es genau so beschrieben. Manchmal fühlt man sich wie der sprichwörtliche Rufer in der Wüste. Es wird besser.

    Und um die Eingangsthese auf zu nehmen, Sex und Golf schließen sich definitiv nicht aus. Über die Möglichkeit der Kombination sollten wir aber gesondert sprechen ;-)

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  2. Klasse geschrieben! Ich muß unbedingt mit diesem Sport anfangen ;-)

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  3. Kombination? Aus beidem? soll es geben...

    Und Miak, fang endlich an.
    Ich sage dir, jeder Tag den du nicht golfst, ist ein verlorenener Tag ;-)

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  4. Kann ich so bestätigen. Mein neuer Club hat ein Durchschnittsalter von rd. 45 Jahren. Zwar mag auch das für einige steinalt sein, aber da ist jeder Turnverein älter.

    Und bei meinem PE-Kurs waren alle entweder jünger als ich (und ich bin 29!!!) oder gleich alt bis 2 Jahre älter. Fast immer. Der Wandel ist im Gange, aber er wird noch ein bisschen brauchen, wie das bei Wandeln eben so ist...

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