Dienstag, 14. Juli 2015

Manchmal macht es klick

Golf ist eine der komplexesten Sportarten. Man sagt, der Golfschwung besteht aus 300  Einzelabläufen. Gleichzeitig.Golf ist aber auch immer eines: Kopfsache. Das kann man bei den Profis sehen, wenn die auf einmal Dinge machen, die sie nicht tun würden, würde es nicht gerade um vieles gehen.
Ein Paradebeispiel ist Dustin Johnson, der seit 8 Jahren jedes Jahr mindestens ein PGA-Turnier gewinnen konnte. Der aber auch gleichzeitig diverse Male die Chance auf einen Majortitel selber aus der Hand gab. Wer erinnert sich nicht an die US Open 2010, als er als Führender in den Sonntag ging, um eine 82 zu spielen und damit Graeme McDowell den weg frei zu machen. Wer erinnert sich nicht an die 18te Bahn am Finaltag des PGA Championchip in Whistling Straits, als er zwei Strafschläge kassierte, nachdem er den Schläger im Bunker (Die Platzregel lautete damals: Sand ist immer Bunker) aufsetzte und damit den Titel und auch ein Play-Off gegen Bubba Watson und Martin Kaymer verpasste? 




Oder ganz frisch: Die US Open dieses Jahr, als er an der 18ten Bahn mit einem drei Putt Jordan Spieth den alleinigen Sieg überließ.  
Ja, er sagte in der Pressekonferenz bei den 144. "The Open", er würde daraus lernen und nur noch stärker werden. Man wünscht es ihm, aber er wäre nicht der erste Weltklasse Golfer, dem ein Majortitel verwehrt bliebe.
Der Kopf ist es, der dem Golfer im Wege steht. 
Und bei uns Amateurgolfern noch viel mehr. 
Bei mir ist es so, dass ich Bogey-Golfer bin. Aktuelles Handicap -16,8, d.h. das ich Bogeys spielen muss. Und so habe ich mich die letzten Monate auch verhalten. Lieber vorlegen als angreifen. Lieber sicher, als Risiko. Das Problem: Wehe da geht dann was schief.
Ein vorgelegter Ball (ich finde, einer der schwersten Bälle überhaupt, wenn man denkt: "Nicht Vollgas") kann zu kurz oder zum Socket geraten. 
Oder wenn dann die Annäherung nicht klappt. Wenn man auf Bogey spielt, führt das dann eher zum Doublebogey.
Dabei ist der risikobehaftete Schlag, ich rede nicht von Harakiri, wo man 200 Meter carry übers Wasser die Fahne attackiert, der deutlich bessere Schlag. 
Denn was passiert im schlechtesten Falle?
Wenn er zu kurz ist, kann man immer noch Chippen. Wenn er im Hindernis liegt, kann man immer noch einen Bunkerschlag machen. Geht der Ball ins Wasser, kann man mit Strafschlag vllt. auch noch ein Bogey spielen.
Dafür steigt die Chance, zum Birdie zu putten.

Natürlich muss man abwegen, ob man aus 180 Metern tatsächlich aufs Grün kommt. Natürlich muss man Balllage und Fahnenposition beachten. Aber wenn man positiv an die Sache herangeht, spielt man mehr Par als Bogey. Und deutlich weniger Double-Bogeys.
Und wie heißt es so schön bei Twitter?
#füreuchgetestet
Und das habe ich. gestern. Matchplay. Bestball-Vierer. Auf den ersten Neun spielte ich Bogey-Golf. Ging einigermaßen, aber so richtig vorwärts ging es nicht. Das Vorlegen brachte nicht wirklich Vorteile und als ich dann an der 10 das Par knapp verpasst hatte, wollte ich an der 11 nur vorlegen. Und was passiert? Ball im Wasserhindernis. Da raus, gegenüber in den Hang, direkt in den Busch. Da war das Loch für mich weg.
Erst danach habe ich angefangen zu attackieren. Und die Bahnen 12-16 alle in Par gespielt. Aus 1dn nach 11bahnen wurde so ein 3&2 Sieg.

Dabei habe ich wirklich ab da jeden Schlag genau das gemacht, was ich mir vorgenommen hatte. Mich ausgerichtet, den richtigen Schläger genommen. 
Bei jedem Schlag überlegt, was macht Sinn, wie komme ich aufs Grün. Wenn die Bälle mal zu kurz waren, die Chips versucht zu lochen und so zweimal das Par mit einem kurzen Rückputt gespielt.
Das war ein aha-Erlebnis und zeigte mir eines:
Positiv denken. 
Nicht wild drauf losballern, aber lieber mal einen Fehler hinlegen, anstatt vorzulegen und zu hoffen, so das Bogey zu spielen.
Par-Chancen zu erspielen, statt mal darauf zu hoffen.
Ich hatte gestern das erste Mal das Gefühl, dass ich tatsächlich Handciap -8 spielen kann. 
Und das will ich wieder haben. Dieses Gefühl. Es war großartig.
Für mich ein gefühlter Majortitel.
Es war der nächste Schritt, auf den ich seit vielen Monaten warte.

2 Kommentare:

  1. Wie heißt es so schön in der Bibel? Alles hat seine Zeit. Im Bestball Matchplay kommt es immer auch darauf an, was der Partner und die Gegenpartei gerade so fabriziert. Liegt der Partner sicher? Liegt das andere Team so gut, dass mir ein Bogey sowieso nicht zum Lochgewinn reichen würde? Dann auf jeden Fall angreifen. Das schlimmste, was passieren kann ist sowieso "nur" der Lochverlust ... am nächsten Tee neues Spiel neues Glück. Man kann sich auch mit seinem Partner abstimmen "Du versuchst hier den halbwegs sicheren Bogey und ich gehe Risiko" und am nächsten Loch dann umgekehrt. Das ist ja gerade das reizvolle an dieser Spielvariante.

    Im Zählspiel ist das ein bisschen anders, denke ich. Wenn man da auf den ersten 9 richtig gut gespielt hat und eben schon unter seinem Handicap liegt, muss man sich halt überlegen, ob man weiter aggressiv spielt oder nicht vielleicht doch lieber auf relativ sichere Bogeys (oder was auch immer für einen der "neutrale" Score für ein Loch ist) setzt. Aber umgekehrt spricht auch nichts dagegen, am Ende aufzudrehen, wenn man hinterherhinkt und mit konservativer Spielweis eh nix mehr reißen kann.

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  2. Hallo Jutta,
    sicherlich ist das richtig.
    Mir ging es um den Aha-Effekt, dass ich durchaus generell mutiger spielen kann/muss. Es geht nicht nur um den Bestball-Vierer. Der war am Ende in der Tat so, dass mein Mitspieler nur auf Absicherung gegangen ist (was leider auch nicht so oft geklappt hat).
    Und dann kommt hinzu, dass auf "Sicherheit" und "Vorlegen" fast schwerer zu spielen ist, als der volle Schlag. Ich mache die meisten Fehlschläge, wenn ich vorlegen oder zu viel will. Zu viel wäre ein Schlag aus 160 Metern mit dem Eisen

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