Montag, 12. März 2012

Chip - Kurz mal hingespielt


Es gibt viele Ereignisse, die nimmt man nicht wahr, weil sie keinen Glanz haben oder keine Emotion transportieren. Und dann gibt es Ereignisse oder Personen, die mit ihrem Glanz alles überstrahlen, weil sie besonders sind. 

Man kann über den Menschen Tiger Woods streiten, man kann sich über seine Eskapaden (im privaten!) Bereich aufregen oder man kann sich einfach an der Aura dieses Ausnahmesportlers erfreuen.
 
Ich weiß nicht, wie es Euch geht. 
Ich habe Golf immer mal wieder verfolgt. Wenn die ARD (oder der NDR) mal wieder eine Zusammenfassung eines Turniers gezeigt haben. Damals. Mit den Superstars Jack Nicklaus, Arnold Palmer, Seve Ballesteros, Gary Player. Und ja, als Bernhard Langer das Masters gewann und als erster Mensch überhaupt die Nummer 1 der Weltrangliste wurde, fand ich das sehr spannend. 
Seinen Schlag aus dem Baum 1981 bei den 1981 B&H International werde ich auch nie vergessen.

                       (ab 30 Sek. ca...)
 
Aber Golf war damals doch eher eine Randerscheinung. Hierzulande. Auch mangels deutscher Spitzengolfer.
In Deutschland bekam der Sport erst die nötige TV Präsenz, als ein gewisser Tiger Woods die Szene betrat und sich mit Premiere ein TV Sender fand, der die Bilder zu uns nach Hause brachte.
Aber mit Tiger kam auch etwas anders ins Spiel. 
Geld. Viel Geld.
Konnten die Spieler früher schon verhältnismäßig gutes Geld verdienen, wurde es dank Tiger exorbitant viel Preisgeld. Die Veranstalter überboten sich quasi gegenseitig dabei, denn jeder wollte DIE Attraktion des Sports bei sich am Start sehen. 
Und was macht man, wenn man etwas haben möchte? Man zahlt dafür. Und zwar reichlich. Dazu schnellten die Einschaltquoten in unglaubliche Höhen, wenn er am Start war. Und das brachte wiederum höchst dotierte TV Verträge mit sich. 
Ein Kreislauf, der die Preisgelder schnell in den Mio US $ Bereich für Turniersiege ansteigen ließ. 
Nicht, dass wir uns falsch verstehen, ich neide keinem diese Gewinnsummen. Warum auch? Wenn sie einem geboten werden, sollte man sie auch annehmen. 
Dass die PGA dann, gemeinsam mit FedEx den FedEx Cup und seine insgesamt 25 Mio. Dollar Bonuspreisgelder ins Leben rief, hatte einen einzigen Grund: Man wollte Tiger dazu bewegen, auf der Tour möglichst oft zu spielen. Er ist der Stern, an dem sich alles ausrichtete.
Und er verdiente als erster Sportler bisher schon mehr als eine Milliarde Dollar. 
Eine Milliarde! Das sind 1.000 Millionen!
Das ist unfassbar viel Geld. Im Vergleich zum (virtuellen) Vermögen eines Mark Zuckerbergs (der wird auf gut 25 Milliarden geschätzt) hingegen ist das eher mässig.
Aber dafür zahlt Tiger auch einen unfassbar hohen Preis. 
Er hat NULL Privatleben. Nullkommanull.
Er kann auf auf dieser Erde hinkommen, wohin er will. Er wird sofort erkannt.
Wäre er ein Normaler Golfer, hätte seine Scheidung uns nicht mal als Kurznachricht erreicht, seine Eskapaden hätten niemanden interessiert. 
Aber er ist halt Tiger.
Der Tiger und den kostet die Scheidung aber Millionen Euros. Nicht nur an die Ex-gattin (man munkelt, 100 Mio) sondern auch an Sponsorengelder, weil sich einige zurückziehen, als ein Makel droht (aber wohl auch, weil sie selbst zu dem Zeitpunkt in wirtschaftlichen Schwierigkeiten steckten). Seine Scheidung und seine sportlichen Probleme rufen Neider auf den Plan, die das Ende der Ära Woods ausrufen und sich daran erfreuen ihn leiden zu sehen. Doch diese Neider haben etwas übersehen.
Tiger ist und bleibt Tiger.
Und die Faszination Tiger Woods ist und bleibt ungebrochen. 
Im Gegenteil, man könnte meinen, dass er dadurch sogar noch beliebter und noch mehr Aufmerksamkeit genießt. Die Sender zeigen inzwischen lieber Tiger, wie er zu seinem Ball geht, als seine Kontrahenten, die vielleicht gerade um den Sieg spielen. Sie zeigen ihn, wie er verletzt ins Auto steigt und das erscheint der Regie (zu Recht) wichtiger, als das sportliche geschehen zeitgleich beim WGC, einem der wichtigsten Golfturniere. 
Das sagt (fast) alles.
Wenn man sich dann die Zuschauermassen anschaut, die seinen Flights Woche für Woche folgen, kann man die Zuneigung der Menschen auch quantitativ ermessen. Kein Spieler hat mehr Menschen auf der Runde, selbst der unglaublich beliebte Phil Mickelson nicht.
Bei dem einen oder anderem ist die Schadenfreude, wenn er den Ball nicht trifft, hörbar. Aber die meisten Menschen sind einfach nur fasziniert, was der Mann alles mit der Kugel und einem Schläger veranstaltet. Wie er sich aus den schwierigsten Situationen heraus rettet. Wie er unglaubliche Dinge macht. 


Wie er sich gerade neu erfindet und dabei versucht, sein Leben zu regeln und sein Spiel zu verbessern. Denn die Konkurrenz hat in den letzten 2 Jahren nicht geschlafen.
Ich weiß nicht, wie viele Menschen sich nach diesen unerfreulichen Ereignissen, auch auf dem Golfplatz, zurückgezogen hätten. Er nicht. Er geht da raus und stellt sich. 
Dem Leben. Dem Spiel. Den Anschuldigungen eines prüden Amerikas.
All das trägt zum sich neu erfindenden Phänomen Tiger Woods genauso bei, wie seine inzwischen deutlich offenere Art mit den Leuten umzugehen und wie er sich auf dem Platz bewegt. Wie auch er arbeiten und kämpfen muss. 
Ich weiß nicht, ob er jemals wieder diese Sportart dermaßen dominieren wird, wie im ersten Jahrzehnt dieses Jahrtausends. Ich weiß nicht mal, ob ich das gut finde, wenn er es täte. 
Aber ich weiß, dass ich ihn immer noch (und eigentlich mehr denn je) unglaublich gerne spielen sehe, dass ein Turniersieg erst dann ein echter Sieg wird, wenn er am Start war und dass alle Spieler die jemals Preisgelder gewinnen, ihm einen Anteil davon abgeben müssten, denn ohne ihn wäre das alles deutlich kleiner. 
Angepasster und viel langweiliger.

Wenn selbst meine Tochter (gerade mal 15, spielt selber nicht und guckt ganz selten Golf) und meine Frau (spielt und guckt öfter gezwungenermaßen mit mir) sagen, dass er der Allerbeste sei und sie ihn mit Abstand am liebsten spielen sehen, dann ist dem eigentlich nicht mehr viel hinzuzufügen.
Er hat den Glanz und diese Aura, die aus einem Star etwas ganz besonderes macht.
Er ist, was Donald, Kaymer oder selbst McIlroy wohl niemals sein werden. 
Er ist eine Lichtgestalt.
Und daran hat auch seine Scheidung ihren (positiven) Anteil. Er ist dadurch (und seitdem) für uns Außenstehende menschlicher geworden. Und das war das einzige, was ihn früher gefehlt hatte. Er hat nämlich ein Makel.  
Und das macht ihn unglaublich menschlich und sympathisch!

Nur Golf bei:

1 Kommentar:

  1. Matthias

    eine Hommage an den Tiger, super ! Ich muss ehrlich gestehen das mich Golf erst 2006
    in seinen Bann geschlagen hat, das TV Golf kam sogar noch ein wenig später. So dass mir die Glanzzeit des Tigers doch ein wenig fehlt ! Ausgehend von der Ist-Situation glaube ich nicht das Woods wieder zum Dominator wird und ich wünsche es mir auch nicht ! Die derzeitige Situation das pro Turnier mindestens 10-20 Spieler für den Sieg infrage kommen gefällt mir wesentlich besser !!

    AntwortenLöschen